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© Christian POGO Zach

Premieren im Staatstheater am Gärtnerplatz

17. April 2020

Schubert und Bernstein im Gärtnerplatztheater

Das Staatstheater am Gärtnerplatz in München ist eines der Opernhäuser in Europa mit der höchsten Uraufführungsdichte. Ausgehend von einer realen Episode aus dem Leben des berühmten Komponisten Franz Schuberts, dem Aufenthalt in Atzenbrugg bei Wien, schufen Johanna Doderer und Peter Turrini im Auftrag des Gärtnerplatztheaters eine Oper, die Wahrheit und Dichtung miteinander verbindet: Jenseits von Personenkult und biografischen Abhandlungen wird so ein emotionaler Zugang zu einem der größten Komponisten der Musikgeschichte möglich.

Schuberts Reise nach Atzenbrugg

Die Handlung von „Schuberts Reise nach Atzenbrugg“ ist schnell erzählt: Franz Schubert begibt sich mit seinen Freunden auf eine Reise von Wien nach Atzenbrugg. Auf dem dortigen Schloss (heute ein Schubert-Museum) verbringen die Freunde ihre Zeit unter anderem mit Musizieren und Ballspielen. Bei der Reise nach Schloss Atzenbrugg ist auch Baumeistertochter Josepha von Weisborn mit dabei, in die der junge Komponist unsterblich verliebt ist. Musikalisch kann er alles ausdrücken, doch ihr gegenüber bringt er kein Wort heraus – ganz im Gegensatz zum „schönen Franz“ von Tassié, der es ebenfalls auf Josepha abgesehen hat.

© Christian POGO Zach

Schloss Atzenbrugg ist auch der Aufführungsort einiger „Schubertiaden“. So wurden schon zu Lebzeiten des großen Komponisten Aufführungen seiner Werke in privatem Rahmen verwendet. Noch heute werden so Konzertreihen und Musikfestspiele bezeichnet, welche sich Schuberts Werke zum Thema auserkoren haben.

Nach der erfolgreichen Uraufführung ihrer Oper „Liliom“ hat Johanna Doderer mit „Schuberts Reise nach Atzenbrugg“ ein neues Werk für die Bühne komponiert. Musikalisch greift Doderer dabei immer wieder Elemente von Schuberts Kompositionen auf. Die „Wandererphantasie“, die berühmte „Winterreise“ oder natürlich die „Atzenbrugger Tänze“ verwebt sie kunstvoll mit ihrer eigenen Klangsprache. In Zusammenarbeit mit dem berühmten österreichischen Dichter Peter Turrini ist ein zartes, ergreifendes Werk über ein Künstlerdasein entstanden – heiter, abgründig und im Schubert’schen Sinne melancholisch. Die Uraufführung war dabei am 23. April geplant, nun aber ist die Inszenierung erstmals am 7. Mai zu sehen (Kinder- und Jugendvorstellung) und dann wieder am 10., 12., 15. und 21. Mai (Reguläre Vorstellungen).

Bernsteins „Mass“

Eine weitere Premiere steht im Staatstheater am Gärtnerplatz am 18. Juni an. Im Auftrag von Jacqueline Kennedy-Onassis entstand in den späten 1960er Jahren das Musiktheaterstück „Mass“ für die Einweihung des John F. Kennedy Centers for the Performing Arts in Washington, D.C. im Jahr 1971.

Dass sich Schöpfer Leonard Bernstein für die Inszenierung einer römisch-katholischen Messe entschied, überraschte angesichts seiner jüdischen Konfession durchaus, war jedoch auf seine enge Freundschaft mit dem ersten und einzigen katholischen Präsidenten der USA, dem 1963 ermordeten John F. Kennedy, zurückzuführen.


Wovon handelt das Stück nun?

Einige Menschen feiern gemeinsam die Messe. Der Zelebrant begrüßt die Gläubigen, anfangs ist alles harmonisch. Doch nach und nach mehren sich in der Menge Zweifel an Sinn und Zweck der praktizierten Rituale. Diese stimmen mit der Realität nicht über und echte Taten im Hier und Jetzt werden dringlich eingefordert. Sich selbst in den Widersprüchen verstrickend, kann der Zelebrant dem Aufbegehren nichts entgegensetzen und das Zeremoniell bricht in sich zusammen. Aus dem Chaos gilt es nun für alle Beteiligten zu einem Glauben zurückzufinden. Einfache Antworten gibt es dabei nicht.

Leonard Bernstein schrieb seine „Messe“ in Zeiten der Flower-Power-Bewegung sowie auf dem Höhepunkt des Kalten Kriegs und ließ darin schonungslos den Ritus und die bewegenden, existenziellen Fragen der damals jungen Gesellschaft aufeinanderprallen. Musikalisch vereint er in seinem, alle bis dato bekannten Spartengrenzen sprengendem Werk nahezu sämtliche Musikstile von Kirchenchorälen und Gospel über Dodekaphonie und amerikanische Marschmusik bis hin zu Rock ‘n‘ Roll, Blues sowie Swing und zelebriert damit das Ideal eines offenen, gebenden und miteinander teilenden Wesens – heute so aktuelle Themen wie nie.

Schuberts Reise nach Atzenbrugg“ und „Mass„: Hervorragendes Musiktheater in bester Tradition im Staatstheater am Gärtnerplatz.


Weiteres in der Rubrik Oper & Operette und auf der Seite Oper & Operette.