Schönheit Stärke Leidenschaft
Aktuelle Ausstellung in der Villa Stuck
Augen – Blicke – Perspektive: Nähe und Schönheit des Details erlebt man bei keinem anderen Kunstwerk so intensiv wie bei der Skulptur. Dazu bedarf es nicht der Größe des Objekts, sondern der Auseinandersetzung, Empathie und Einfühlung des Betrachters. Sie erfordert Hinwendung und Hinsehen.
Anlässlich der Erwerbung der nur in wenigen Exemplaren gegossenen und erhaltenen Plastik „Phryne“ aus dem Jahr 1925 zeigt das Museum Villa Stuck in den Historischen Räumen seine Sammlung von Plastiken von Franz von Stuck in einer Neupräsentation. Die Ausstellung Schönheit Stäke Leidenschaft ist dort vom 1. Juli bis einschließlich 25. Oktober zu sehen.
Die Bildhauerei gehört zu den spannendsten Kapiteln in der künstlerischen Entwicklung Franz von Stucks. Seit dem Rom-Aufenthalt bei seinem Kollegen Max Klinger 1890 vermuteten Stucks frühe Zeitgenossen in der „Form“, die ihm laut eigener Aussage „über alles geht“, sein eigentliches Metier und seine größte Begabung. Der 27-Jährige ist endgültig „Plastiker“.
Die Entstehungszeit seiner Skulpturen umfasst den Zeitraum von 1890 bis 1925. Auf Kraft und Dynamik der klassizistischen Frühwerke folgen selbstbewusst statische Frauenfiguren. Bis hin zum Entwurf für ein monumentales Beethoven-Denkmal. Phryne, eine antike Hetäre, gilt als ideale Verkörperung der Schönheit. Ihre Klugheit und ihr weibliches Selbstbewusstsein, das selbst Götter herausfordert, entspricht dem positiven, oftmals kämpferischen Frauenbild des Künstlers. Stuck setzt in der Darstellung auf absolute Symmetrie und explizite Betonung der Vorderansicht, die Verbindung von archaischer Strenge und moderner Reduktion.
Die Skulpturen in der Villa Stuck
Stucks Skulpturen stehen in engem Zusammenhang mit der Entwicklung der Bronzetechnik. Diese erlebt im 19. Jahrhundert eine einzigartige Blüte und bringt vollendet fein durchgearbeitete Kompositionen hervor. Einer der namhaftesten Gießer, Cosmas Leyrer, fertigt sie in München. Die Statuetten werden in teils handverlesener, teils hoher Auflage für Ausstellungen in Europa und Amerika, Sammler und den freien Kunstmarkt produziert.
Ort für die Neupräsentation von Stucks Skulpturen sind die Historischen Räume des Künstlerhauses, die eine reiche skulpturale Ausstattung besitzen. Vom Vestibül bis zum Künstleratelier mit dem Altar der Sünde, der als Weihestätte der Kunst stets End- und Höhepunkt eines Besuchs beim Künstler war. Der Weg des einstigen Gastes und heutigen Besuchers entspricht einem Spaziergang durch die Kunst- und Entwicklungsgeschichte der Antike von der Archaik über Assyrien und Pompeji bis in die byzantinische Zeit. Stuck formt aus den Abgüssen berühmter Reliefs und Figuren Rauminszenierungen und ein Bildprogramm, das seinen geistigen Kosmos widerspiegelt. Nicht mit zufällig angebotenen Originalen, sondern mit ausgewählten Antikenkopien aus den bedeutendsten Sammlungen Europas. Appliquen etruskischer Löwenköpfe und korinthischer Koren aus feuervergoldeter Bronze schmücken selbst das einzigartige Ensemble von Möbeln, das auf der Pariser Weltausstellung 1900 mit einer Goldmedaille ausgezeichnet wurde.
Gegenüberstellungen
Die Künstlersammlung mit Meisterwerken der antiken Plastik wie der „Medusa Rondanini“ aus Rom, der „Pallas Athene“ vom Westgiebel des Aphaia-Tempels in Ägina, der berühmten „Sterbenden Löwin“ aus Assyrien, heute im British Museum in London oder der „Schreitenden Artemis“ aus Pompeji, ist als Raumausstattung integraler Bestandteil des Gesamtkunstwerkes Villa Stuck und kunstvoll mit eigenen Werken des Künstlers verwoben.
In diesem Kontext werden erstmals Gegenüberstellungen wie die von Stucks Statuette der „Speerschleudernden Amazone“ mit dem antiken „Kopf der Athena“ möglich. Der „Wächter des Paradieses“ mutierte 26 Jahre nach seiner Entstehung anlässlich des 1. Weltkriegs zu Stucks schwertschwingendem Heroen im Kampf mit den feindlichen Mächten Europas. Die Sammlungspräsentation führt das Gemälde und die drei Skulpturen „Feinde ringsum“ erstmals zusammen.
Stucks Figuren sind Archetypen, sie verkörpern existenzielle Grunderfahrungen und menschliche Verhaltensweisen von überzeitlicher Gültigkeit. Ihre Interpretation obliegt dem Betrachter, der erkennt: hier bin ich gemeint.
Eindrücke aus der Ausstellung
Weiteres in der Rubrik Ausstellungen und auf der Seite Ausstellungen.