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Finanzbredouillen können jeden treffen. Dann ist schnelles Handeln überlebenswichtig. Stock.adobe.com © H_Ko

Raus aus der Finanzklemme: Mit diesen Tipps geht’s

23. April 2020

Nicht nur aufgrund der aktuellen Lage geraten viele Münchner in finanzielle Engpässe. Vielleicht fällt der Job weg, vielleicht geht unerwartet etwas Wichtiges kaputt und muss für teures Geld ersetzt werden – es geraten definitiv nicht nur Menschen in Finanzklemmen, die nicht gut haushalten können.

Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit der externen Autorin Klaudia Weiss.

Vor allem, wenn man selbst noch nie in einer derartigen Situation steckte, fällt es häufig schwer, sie zu erkennen. Dadurch fehlt auch die Möglichkeit, eigenständig korrekt zu handeln, damit die Finanz-Ebbe eingedämmt werden kann und möglichst rasch wieder ein Ausgleich auf dem Konto herrscht. Wichtige Tipps dazu liefert der folgende Ratgeber.

1. Grundsätzlich staatliche Hilfen in Anspruch nehmen

Der Job ist plötzlich weg – aber auf dem Konto sieht es derzeit vielleicht noch rosig aus. Gerade wegen des vergleichsweise hohen Münchner Gehaltsniveaus stellt dies bei überraschend vielen Menschen zu Beginn einer Finanzbredouille die Ausgangslage dar.

Und weil die nächsten Monate durch das Ersparte gesichert erscheinen, entscheiden sich manche, die Situation zu akzeptieren und sich nicht arbeitslos zu melden. So verständlich das erscheinen mag, es ist völlig falsch verstandener Stolz und kann obendrein erst recht in eine echte Finanzmisere führen:

  1. Wer seinen Job verliert, ist ganz prinzipiell zur Meldung verpflichtet. Zur sofortigen Meldung. Unterlässt man dies, benötigt aber später Arbeitslosengeld, wird man höchstwahrscheinlich weniger bekommen.
  2. Wer sozialversicherungspflichtig gearbeitet hat, hat einen mindestens zwölfmonatigen Anspruch auf Arbeitslosengeld 1 (ALG-1). Und das ist sein gutes Recht, denn er bekommt weitestgehend das zurückgezahlt, was er durch seine Beiträge zur Sozialversicherung sowieso eingezahlt hat – man liegt also niemandem auf der Tasche, der „es nötiger hat“.
  3. Im Gegensatz zum ALG-2 („Hartz IV“) erfolgt die Meldung formlos, es gibt keine Prüfung der Vermögensverhältnisse. Man meldet sich einfach bei der Arbeitsagentur, das geht in München auch elektronisch, und bekommt nach Prüfung zwischen 60 und 67 Prozent des letzten Nettogehalts.

Diese Denkweise sollte man grundsätzlich anwenden: Wir leben in einem Sozialstaat. Dessen Hilfen sind für alle da. Es gibt keinen Grund, ohne Not seine finanziellen Reserven abzuschmelzen, wenn man zunächst bedingungslose staatliche Hilfen in Anspruch nehmen kann – was man vielleicht noch auf dem Konto hat, kann später mitunter noch von gutem Nutzen sein.

Und: Falls man befürchtet, in eine echte Schuldenkrise zu rutschen, sollte man ebenfalls so zeitnah wie möglich handeln. Die Stadt liefert über das Sozialreferat zahlreiche Anlaufstellen. Je frühzeitiger man diese wahrnimmt, desto einfacher kann es werden – zu viele Menschen nehmen erst dann derartige Hilfen in Anspruch, wenn sie tief in Schulden stecken und nicht mehr weiterwissen.

2. Analysieren und wegstreichen

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Stock.adobe.com © M. Schuppich

Wir alle haben Ausgaben. Manche regelmäßiger, manche unregelmäßiger Natur. Und je besser es einem normalerweise finanziell geht, desto mehr neigt man dazu, die Details seiner Ausgaben nicht völlig im Blick zu halten – solange am Ende des Monats noch genug übrigbleibt, ist das ja auch kein Problem.

Sobald man jedoch signifikant weniger Spielraum hat, sei es durch das Arbeitslosengeld, sei es durch Kurzarbeitergeld oder eine unerwartet hohe Ausgabe, wird diese relative Kontrolllosigkeit zu einer großen Gefahr. Denn dann fließen Gelder unkontrolliert ab und führen mitunter in eine Situation, in der man für die wirklich zentral wichtigen Dinge keine Mittel mehr hat.

Zeichnet sich ein möglicher Engpass ab, sollte man frühzeitig sehr stringent folgendermaßen vorgehen:

  1. Man analysiert alle Ausgaben. Mindestens die des vergangenen Monats, besser jedoch des vergangenen Quartals oder eines noch längeren Zeitraumes. Vor allem die Kontoauszüge sind dabei eine unschätzbare Hilfe. Unter anderem Microsoft liefert dafür ein Template zur Tabellenkalkulation. Allerdings kann man alles auch händisch niederschreiben.
  2. Dann bildet man daraus einen Mittelwert – man addiert alle Ausgaben und teilt diese Summe durch die Anzahl von Wochen oder Monaten. Dadurch bekommt man heraus, was man pro Woche/Monat durchschnittlich ausgibt.
  3. Nun teilt man die Ausgaben auf. Und zwar in wichtige und weniger wichtige, sowie aktive Ausgaben und solche, die automatisch abgezogen werden.

Dadurch bekommt man nicht nur einen glasklaren Überblick. Vor allem erhält man die Möglichkeit, einen effektiven Spar-Hebel anzusetzen:

  1. Zunächst streicht man alle weniger wichtigen und aktiven Ausgaben weg – regelmäßiges Essen von auswärts, spontane Einkäufe und dergleichen. Dinge also, über die man vollkommen frei entscheiden kann.
  2. Dann prüft man, welche automatisch eingezogenen, aber weniger wichtigen Dinge gekündigt werden können. Etwa der Streamingdienst, Medien-Abonnements, Fitnessstudios und dergleichen. Aber: Dahinter stecken oftmals Kündigungsfristen. Zunächst sollte man deshalb nur das kündigen, was innerhalb eines halben Jahres tatsächlich beendet werden kann. Alles mit längeren Laufzeiten bringt derzeit nichts. Allerdings sollte man sich die später anstehenden nächstmöglichen Kündigungstermine rausschreiben. Dann kann man noch „nachlegen“.

Wichtig ist, dass man bei diesen zwei Positionen diszipliniert ist. Viele, eigentlich weniger wichtigen Dinge erscheinen einem zunächst wichtig und man wird zögern, sie wegzustreichen. Tatsächlich wichtige Ausgaben sind jedoch nur solche für den Erhalt der Behausung (Miete/Eigenheim-Abtragung…), für Energie, Lebensmittel und grundsätzliche Bekleidung.

3. Finanzfallen umgehen

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Stock.adobe.com © BillionPhotos.com

Im nächsten Schritt wird es nun notwendig, dafür zu sorgen, dass künftig jeder Cent, den man ausgibt, a) so kontrolliert wie möglich und b) so effizient wie nur machbar aufgewendet wird. Diese Aufgabe beginnt damit, dass man seine bisherigen Zahlungsmittel zusammenlegt und physisch entfernt. Das gilt für diverse Kreditkarten ebenso wie Zahlungsdienstleister, Payment-Apps und dergleichen. Künftig zahlt man nur noch mit einer Girokarte oder am besten gleich mit Bargeld.

Letzteres hat zudem den Vorteil, dass es ein physischer Zahlungsakt ist. Man sieht direkt, dass man Geld ausgibt, wo Karten- oder andere Zahlungsmethoden immer für unser Gehirn etwas abstrakt/distanziert sind.

Dann widmet man sich einem sehr bedeutsamen Stolperstein in Finanzbredouillen, dem Dispo-Kredit. Er sollte nur ein letztes Hilfsmittel sein, keinesfalls fester Teil des monatlichen Budgets – bitte immer bedenken: Schon der Dispo selbst ist mit hohen Zinsen belegt. Kommt aber noch eine weitere ungeplante Ausgabe hinzu, durch die man den Dispo-Rahmen gänzlich ausschöpft, werden Abbuchungen gestrichen und man muss sich vielleicht dem Vermieter oder dem Energieversorger erklären.

Dagegen sollte man den Dispo umschulden. Das geht mit einem anderen Kredit. Sofern man hier einige Grundregeln der Sorgfalt anwendet, wird das nicht nur das Konto in dauerhaft schwarze Zahlen bringen, sondern ist monatlich auch noch (durch bessere Zinskonditionen) ungleich billiger als dauerhaft im Dispo-Minus zu schwimmen.

Dann geht es „ans Eingemachte“: Man baut sich selbst kleine Hürden, die verhindern, dass man weiterhin unkontrolliert Geld ausgibt:

• Das Kündigen von Accounts bei Online-Shops – wenn man sich erst registrieren muss, geht bei den meisten Menschen im Kopf eine Warnleuchte an.
• Das Löschen von Einkaufs-Apps – wo Käufe nur einen Daumenwisch entfernt sind, neigt man viel eher zu Spontanausgaben.
• Geplantes Kaufen – wenn man vorher konkret aufschreibt, was man in welcher Menge benötigt, unterliegt man in viel geringerem Maß Lockangeboten und Spontankäufen.

Übrigens kann es dabei auch helfen, künftig all die notwendigen Dinge im Discounter zu kaufen, statt in teureren Supermärkten.

4. Warnen, bitten und reduzieren

Was haben der Vermieter, die Bank, die einen Autokredit vergeben hat und der Stromanbieter gemeinsam? Sie alle wollen Geld von einem – aber man kann hier einiges tun, um seine Kosten zu drücken.

1. Falls es im Rahmen des Möglichen liegt, dass es Schwierigkeiten bei der Mietzahlung gibt, sollte man das frühzeitig mit dem Vermieter besprechen – nicht erst, wenn man schon eine Monatsmiete nicht mehr bezahlen kann, dann nämlich kann sehr schnell der Vertrag gekündigt werden. Vorher hat man hingegen vielleicht die Option, einen Deal auszuhandeln.
2. Vor allem teure Kredite, die man zu bedienen hat (Haus, Auto…) sollte man grundsätzlich so abschließen, dass es Stundungsmöglichkeiten gibt. Diese sollte man baldmöglichst wahrnehmen. Wurde eine derartige Option nicht vertraglich festgehalten, sollte man dennoch mit dem Institut sprechen – viele werden lieber eine nachträgliche Stundung aushandeln als mit dem möglichen Risiko eines Totalverlusts konfrontiert zu werden.
3. Strom- und sonstige Anbieter können aufs Leichteste gewechselt werden. Teilweise kann man auch innerhalb in günstigere Tarife wechseln. Hier sollte man baldigst seine Versorger anrufen und mit ihnen die eigenen Möglichkeiten durchsprechen.

Zudem sollte man in diesem Schritt auch überlegen, ob man nicht notwendige Dinge veräußern oder beleihen kann – letzteres allerdings mit großer Vorsicht, da in vielen Pfandhäusern für den Rückkauf sehr hohe Gebühren verlangt werden. Man sollte also nur Dinge beleihen, auf die man im Zweifelsfall auch verzichten kann.

Doch so schwer diese Maßnahmen alle fallen, sie sind ziemlich wirksam. Die meisten Menschen können ihre Finanzlage auf diese Weise in sichereres Fahrwasser bringen, ohne „an die Substanz“ zu gehen. Zudem verhindert man durch Stringenz, dass es zum Dauerproblem wird. Man kann also darauf hoffen, in einigen Monaten wieder finanziell gesundet zu sein. 


Klaudia Weiss: Die ausgebildete Finanzwirtin Klaudia Weiss kümmert sich in einem Industrieunternehmen um die verschiedensten finanziellen Belange. Daneben ist sie immer wieder als freie Autorin tätig.


Weiteres in der Rubrik Sonstige Events und auf der Seite Sonstige Events.