Chance auf geförderte Weiterbildung durch das Qualifizierungschancengesetz
Das Fachwissen angestellter Arbeitnehmer verliert wegen der Digitalisierung immer schneller an Aktualität. Der Strukturwandel fordert in kurzen Abständen neue berufliche Kenntnisse. Wie sollen Beschäftigte diese regelmäßig erwerben? Auf welche Weise können Arbeitgeber entsprechende Weiterbildungen in großem Umfang finanziell und organisatorisch stemmen? Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, hat die Bundesregierung 2019 das Qualifizierungschancengesetz erlassen. Es fördert die Weiterbildung von Angestellten. Die Arbeitgeber erhalten dafür großzügige finanzielle Entlastung von der Agentur für Arbeit. Was hat es damit auf sich und wo liegen die Chancen?
Berufliche Herausforderungen für Arbeitnehmer im digitalen Zeitalter
Hubertus Heil, der Bundesminister für Arbeit und Soziales, stellte 2019 fest: Rund 1,3 Millionen Arbeitsplätze werden bis 2025 wegen des technologischen Fortschritts in Deutschland verschwinden. 2,1 Millionen neue Arbeitsplätze werden aber auch neu entstehen. Das Qualifizierungschancengesetz ermöglicht Beschäftigten mehr Chancen zur Weiterbildung. Nach aktuellen Schätzungen ist frisch erworbenes EDV-Wissen nach nur einem Jahr zur Hälfte wieder veraltet. Technische Kenntnisse sind nach drei Jahren nur noch anteilig auf dem aktuellen Stand. Das ist den meisten Beschäftigten bewusst. Die meisten Angestellten wünschen sich deshalb Weiterbildungen über den Arbeitgeber. Ein Großteil der Unternehmen bietet auch Bildungsmaßnahmen an. Allerdings handelt es sich oft um Tagesseminare, die sich als Gruppenveranstaltung im eigenen Hause organisieren lassen. Eher selten wird eine individuelle Förderung genehmigt. So entsteht mit der Zeit bei Angestellten eine Wissenslücke in ihrem Beruf.
Wunsch nach Weiterbildung – die üblichen Probleme für Arbeitnehmer
Bitten Angestellte ihren Arbeitgeber um eine spezifische Qualifikation, treffen sie oft auf taube Ohren. Der Grund: Sobald der Arbeitgeber zustimmt, ist er für alle Kosten verantwortlich. Wer garantiert ihm, dass der geförderte Arbeitnehmer nicht kurz danach das Unternehmen wechselt? Außerdem möchten Betriebe selbst Fördergelder beantragen, um sich von den Kosten für eine Weiterbildung zumindest teilweise zu entlasten. Doch entsprechende Förderungen waren lange Zeit nur für bestimmte Personengruppen gedacht. Fällt ein Beschäftigter nicht in diese Gruppe, muss das Unternehmen die Weiterbildung komplett selbst finanzieren. Aus diesen Gründen erhalten die meisten Angestellten eine Ablehnung, wenn sie individuelle Weiterbildungswünsche ansprechen. Damit bleibt den Beschäftigen in der Regel nur eine Möglichkeit: Die persönliche Freizeit für eine sinnvolle Qualifikation einsetzen. Doch wer möchte seinen Feierabend für eine Weiterbildung einsetzen? Zwar gibt es staatliche Finanzunterstützungen für Weiterbildungen. Trotzdem muss ein Teil der Kosten privat selbst getragen werden. Das alles schreckt ab und es bleibt bei guten Vorsätzen.
Arbeitgeber und ihre Herausforderungen im digitalen Zeitalter
Auch Unternehmen wissen, wie wichtig qualifizierte Angestellte für den eigenen wirtschaftlichen Erfolg sind. Sie erleben den Strukturwandel ebenfalls. Gerade bei den steigenden technologischen Herausforderungen wird es immer schwieriger, geeignete Fachkräfte zu finden. Speziell diese Fachkräfte sind außerdem wählerisch. Sie erwarten vom Arbeitgeber die Chance auf regelmäßige Weiterbildung. Diese Option entscheidet häufig darüber, für welchen Betrieb sich Fachkräfte entscheiden. Deshalb können sich Unternehmen heutzutage nur mit einem professionellen Weiterbildungskonzept bei Fachkräften empfehlen. Solche Konzepte bereit zu stellen, gehört zum modernen Employer Branding. Doch das ist nicht das einzige Problem. Der bestehende Mitarbeiterstamm muss regelmäßig Qualifizierungen erhalten. Nur so kann die eigene Belegschaft mit dem rasanten Strukturwandel Schritt halten. Wie soll das finanziert werden?
Förderung von Weiterbildung – die üblichen Probleme für Unternehmen
Um Weiterbildungen für Angestellte finanziell gefördert zu bekommen, ist seit jeher die Agentur für Arbeit eine wichtige Anlaufstelle. Bis 2019 hatten die Unternehmen diesbezüglich nur begrenzte Möglichkeiten. Die Förderung für Weiterbildungen erhielt ein Unternehmen zum Beispiel, wenn es um die Eingliederung von Arbeitslosen oder Personen ohne Bildungsabschluss ging. Außerdem gab es Fördermöglichkeiten für KMUs. Allgemein ließen die Voraussetzungen nur einen kleinen Spielraum zu. Diese alten Förderinstrumente werden den aktuellen Herausforderungen beim Strukturwandel Industrie 4.0 nicht gerecht. Der meiste Förderbedarf entsteht jetzt bei Festangestellten, die gute Qualifikationen besitzen. Nur dem technischen Fortschritt hinken ihre Kenntnisse schnell hinterher. Ohne sinnvolle finanzielle Förderung ist es kostspielig, Mitarbeiter regelmäßig auf den neuesten Stand des Wissens zu bringen. Wissensrückstand von Mitarbeitern hat allerdings langfristige negative Folgen für Unternehmen. Lösungen bietet das Qualifizierungschancengesetz.
Das Qualifizierungschancengesetz erweitert die förderfähigen Personengruppen
Ein wichtiges Förderinstrument der Agentur für Arbeit besteht in den sogenannten Arbeitsentgeltzuschüssen während einer Weiterbildung. Diese Zuschüsse muss ein Unternehmen zum Teil gegenfinanzieren. Sie können aber auch vollständig übernommen werden. Das neue Qualifizierungschancengesetz erweitert den Kreis förderfähiger Personen deutlich. Arbeitgeber können Zuschüsse nun beantragen, bei:
- Weiterbildungen für Personen unabhängig vom Alter
- Weiterbildungen für Mitarbeiter unabhängig vom Berufsabschluss
- Weiterbildungen in Unternehmen unabhängig von ihrer Betriebsgröße
- Arbeitsentgeltzuschüsse für berufliche Qualifizierungen, die nicht mehr direkt arbeitsplatzbezogen sind
- Zuschüsse für berufliche Qualifizierungen, die über einen Umfang von 160 Stunden hinausgehen.
Damit stehen viele Möglichkeiten bereit, sinnvolle Weiterbildungskonzepte im eigenen Unternehmen zu entwickeln.
Was soll das Qualifizierungschancengesetz genau fördern?
Der Gesetzesgeber hat die neuen Förderinstrumente eingeführt, um Beschäftigte und Unternehmen auf dem Weg in die Industrie 4.0 sinnvoll zu unterstützen. Sind Arbeitnehmer vom Strukturwandel betroffen, sind sie förderfähig. Das gilt, wenn neue Technologien ihre bisherige Tätigkeit ersetzen können. Das gilt auch, wenn die Weiterbeschäftigung davon abhängt, dass Mitarbeiter moderne digitale Kenntnisse erwerben. Außerdem gilt das für Engpassberufe. Strebt ein Angestellter eine Weiterbildung in einem Beruf mit Fachkräftemangel an, steht die Förderung offen. Es ist deshalb direkt gewünscht, dass mehr als nur eine kurzfristige und arbeitsplatzbezogene Anpassungsfortbildung angeboten wird. Der Gesetzesgeber denkt an die Zukunftsfähigkeit des gesamten deutschen Wirtschaftsraums. Er fördert Unternehmen gerade bei Weiterbildungen für Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die über den Einsatz im eigenen Unternehmen hinausgehen. So profitieren alle: Unternehmen, Angestellte und die Wirtschaft insgesamt.
Fördermöglichkeiten für Weiterbildungen erfragen
Ein wichtiger Grundpfeiler für die Förderung ist, dass die Weiterbildung nicht im Unternehmen stattfindet. Sie muss von einem externen Bildungsträger angeboten werden. Die Weiterbildung darf auch nicht gesetzlich vorgeschrieben sein. Das Qualifizierungschancengesetz enthält allerdings viele Details. Deshalb ist es sinnvoll, wenn sich Unternehmen direkt an die Agentur für Arbeit wenden. Dort können sie sich zielführend beraten lassen. Arbeitnehmer sollten bei einem Weiterbildungswunsch direkt ihren Arbeitgeber ansprechen. Es lohnt sich, gezielt auf die Qualifizierungsoffensive hinzuweisen. Denn die Chancen für eine sinnvolle Weiterbildung über den Arbeitgeber haben sich in den letzten drei Jahren deutlich verbessert.
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